Muster & Rollen
Das Muster Wirkung und seine Rollen
„Macht ist mir wichtig, um die Schwachen zu schützen.“
Kontrolle und Macht sind ganz zentrale Größen im Leben von Menschen mit dem Muster Wirkung. „Aber vor allem, um die Schwachen zu schützen und die bloßzustellen, die ihre Macht missbrauchen“, wird der eine oder andere Wirkungs-Typ einwerfen.
Ich bin stark – das ist das Selbstbild der Wirkungs-Typen. Leicht machen sie andere „platt“ und leicht übersehen sie die Bedürfnisse anderer – auch wenn sie diese eigentlich beschützen wollen.
Im Grunde wollen Wirkungs-Typen aber vor allem sich selbst schützen und einfach über ihr Leben selbst bestimmen.
Wolfgang Waggerl, 45 Jahre, Senior IT-Consultant bei der NEMO AG
Wenn Wolfgang Waggerl seine IT-Abteilung betritt, begegnen ihm seine Kollegen und Mitarbeiter mit hohem Respekt. Darauf legt er auch Wert. Respekt ist ihm wichtiger als Gemochtwerden.
Waggerl arbeitet als Senior IT-Consultant für das ganze Unternehmen und macht diese Arbeit gern. Die renommierte NEMO AG hat er gezielt für sich ausgesucht, da es ihm wichtig ist, für wen er seine Arbeitskraft einsetzt.
Er gibt täglich sein Bestes und setzt sich mit voller Kraft für die Interessen seines Unternehmens ein. Ungerechtigkeiten ihm oder anderen gegenüber kann er nicht ausstehen. Konflikten geht er nicht aus dem Weg.
Sein kritisches Augenmerk gilt auch der Hierarchieebene über ihm. Von ihr verlangt er umfassend und genau informiert zu werden, da er leicht in Besorgnis gerät, manipuliert zu werden.
Er arbeitet meist mit Florentine Eberharter als Teampartnerin zusammen. An ihr schätzt er nicht nur ihr Know-how und ihr Können, sondern auch ihre selbstbewusste Ausstrahlung. Beiden ist das Ergebnis wichtiger als der Weg dorthin. Dabei geht es Wolfgang Waggerl in erster Linie darum, sich ein Ziel zu setzen und loszulegen. Eberharter übernimmt dann das Ausarbeiten der Strategie.
Jedes Muster kann nicht nur in einem „Modus“ agieren, sondern in vier Modi. Dabei liegen jeweils zwei Modi – oder wie wir es nennen: Rollen – im Rollen-Trapez in der Balance-Zone und in der Gefahren-Zone.
Meist bewegen wir uns in der Rolle links oben im Trapez. In dieser Lieblings-Rolle sind wir zu Hause, in ihr agieren wir, ohne nachdenken zu müssen, sie zu nutzen fordert von uns kaum Energie – fast als würden wir uns mit einem Autopiloten bewegen. Das gibt uns Sicherheit, und das ist sehr bequem.
Doch wenn wir uns nur auf diese Rolle beschränken, berauben wir uns allzu vieler Möglichkeiten. Denn das jeweilige Pendant in der Balance-Zone, die Rolle rechts oben im Trapez, bietet uns viele neue Möglichkeiten, auf andere Menschen und Situationen anders als in der Lieblings-Rolle zuzugehen. Sobald wir in dieser zweiten Rolle der Balance-Zone agieren, haben wir unseren Einflussbereich erweitert – ohne dass wir dies bei anderen einfordern müssten und dass sich an den äußeren Umständen etwas ändern müsste.
Doch diese Rolle einzuüben und einzunehmen, fordert von uns allen erst einmal Energie so wie jede Verhaltensänderung. Und sie bringt zu Beginn sicher erst einmal den einen oder anderen Rückschlag mit sich und damit auch Unsicherheit. All das kostet Kraft, die erst einmal aufgebracht werden muss. Doch es zahlt sich aus, hier an sich zu arbeiten. Als Lohn winkt nichts weniger als ein großes Plus an persönlicher Freiheit, nämlich der Freiheit, über mehr Optionen im Verhalten gegenüber Menschen und Situationen zu verfügen.
Wer darauf verzichtet, dem droht früher oder später nicht nur die Beschränkung auf die gewohnte Lieblings-Rolle, sondern auch die Gefahr, in eine der Rollen der Gefahren-Zone zu geraten.
Ein Herabfallen in die Gefahren-Zone droht immer dann, wenn wir in der Krise sind, etwa durch völlig neue Herausforderungen, das Zusammentreffen mit Menschen und Situationen, die einem bislang nicht vertraut waren, durch Überlastung, zu viel Druck, Orientierungslosigkeit oder was auch immer. Dann glauben wir, unsere ansonsten wirksamen Vorgehens- und Verhaltensweisen, nicht zuletzt unsere Muster-Fallen (siehe Coaching-Tipps), müssten doch eigentlich auch jetzt funktionieren. Tun sie dann aber oft nicht.
Die Balance-Zone der Wirkungs-Typen: nicht immer nur machtvoll sein, sondern auch mal achtsam
Wolfgang Waggerl bereitet gerade einen Workshop zur Einführung einer neuen Software vor. Dabei geht es um ein großes Change-Projekt bei der NEMO AG, durch das die gesamte Logistik völlig neu strukturiert wird. Dieses Projekt und damit die neue Software-Lösung sind von strategischer Bedeutung für das Unternehmen.
Hier sind Wolfgang Waggerls Stärken als Machtvoller gefragt: Ihm steckt es im Blut, Wege und Ziele vorzugeben, auch wenn sie noch so anspruchsvoll und herausfordernd sind. Für die Umsetzung kann er sein Team motivieren und einspannen, etwa Florentine Eberharter als Partnerin für Fragen rund um die Ausarbeitung von Strategien. Waggerl selbst kümmert sich gewissenhaft um das Setzen von Standards – was seine Kunden besonders schätzen – und das Einhalten dieser Standards – was seine Kunden noch mehr schätzen.
Genau so, wie er alle Aspekte eines Projekts in seine Überlegungen einbezieht, genauso präzise steckt er auch sein Feld ab, soll heißen: Wer mit Wolfgang Waggerl zusammenarbeitet, bekommt sehr schnell mit, welche Rolle und vor allem welche Kompetenzen er hat – und welche nicht.
Die Rolle des Machtvollen, die Waggerl in der Zusammenarbeit mit Florentine Eberharter einnimmt, ist seine Lieblings-Rolle. Hier kann er mit dem Gefühl großer Gestaltungsmöglichkeiten agieren und Projekte vorantreiben.
Diese Rolle fällt Wirkungs-Typen in der Regel am leichtesten, weshalb sie sie auch meist einnehmen. Dadurch verlieren sie ihre zweite starke Seite leider allzu oft aus dem Blick: die Rolle des Achtsamen, ihre Entwicklungs-Rolle.
Wolfgang Waggerl hat, wenn er sich auf die Rolle des Achtsamen hinbewegt, ein großes Gespür dafür, welche Grenzen er nicht verletzen darf und was gerade für andere wichtig ist. So versteht Waggerl es, seinen Mitarbeiter Dr. Goran Urtic einfühlsam für seine Aufgabe beim Workshop vorzubereiten: Denn Urtic soll als Komoderator fungieren, da er wesentliche Teile der neuen Software programmiert hat. Doch Urtic ist alles andere als eine „Rampensau“, im Gegenteil: Er bekommt schon Lampenfieber, wenn er nur darum denkt, vor Publikum präsentieren zu müssen.
Das ist aber für Wolfgang Waggerl kein Problem, gerne übernimmt er einen Teil von Urtics Part und sorgt gemeinsam mit Urtic dafür, dass dieser nur gezielt an wenigen Stellen selbst sprechen muss. Stattdessen soll er sich darauf konzentrieren, dass die PowerPoint-Präsentation und die gesamte Technik richtig laufen. Von dieser Aufteilung profitieren beide: Waggerl steht gerne im Rampenlicht, Urtic nicht, aber beide treten trotzdem gemeinsam auf und können beim Kunden überzeugen.
In der Rolle des Achtsamen erlebt man Wolfgang Waggerl viel zu selten, was eigentlich auch er selbst so empfindet. Meist bewegt er sich lieber auf vertrautem Terrain, also in der Rolle des Machtvollen.
Die Gefahren-Zone der Wirkungs-Typen: aus falsch verstandener Achtsamkeit gefühlsgefangen, aus übertriebenem machtvollen Auftreten kontrollwütig agieren
Ein Herabfallen in eine äußerst ungeliebte Rolle erlebt Wolfgang Waggerl zu seinem Leidwesen immer wieder, wenn seine Mitarbeiterin Martina Gerdemanns ihn um Rat fragt. Er schätzt sie als Mitarbeiterin. Über die langjährige Zusammenarbeit ist eine Freundschaft zwischen den beiden entstanden.
Diese macht es Waggerl aber schwer, sich abzugrenzen. Umso mehr, weil er weiß, dass seine Freundin in den letzten beiden Jahren einige persönliche Schicksalsschläge hatte einstecken müssen. Erst trennte sich ihr Mann von ihr, dann starb ihre Mutter, schließlich wurde ihre kleine Tochter Sophie sehr krank. Ihr Schicksal berührt Waggerl sehr, sie tut ihm leid. Außerdem erinnert sie ihr Schicksal an sein eigenes.
So ermöglicht er Martina Gerdemanns extrem flexible Arbeitszeiten und das teilweise Arbeiten zu Hause. Außerdem überträgt er Jobs, die sie nicht erledigen konnte, auch mal an deren Kollegen.
Für Wolfgang Waggerl hat die Sache zwei Seiten: Klar, er möchte helfen und sich für jemanden in Not einsetzen. Aber auf der anderen Seite wird er durch die Auseinandersetzung mit Gerdemanns’ Problemen auch mit seinen eigenen Gefühlen und seinen Ängsten konfrontiert. Er muss sich so seiner eigenen Schutzlosigkeit stellen und fühlt sich so in seinen Gefühlen gefangen. Als Folge ist er unfähig, konstruktiv und offen mit dieser Situation umzugehen und zu handeln. Er steckt in der Rolle des Gefühlsgefangenen. Das mag Waggerl eigentlich überhaupt nicht. Er macht sich immer wieder Vorwürfe, sich zu sehr auf seine Freundin und damit seine eigenen Gefühle einzulassen, und verfällt dadurch in einem anderen Fall – statt sich zwischen Machtfülle und Achtsamkeit zu bewegen – in das andere negative Extrem seines Rollen-Trapezes: in die Rolle des Kontrollwütigen.
Darunter muss Waggerls Sekretärin Magdalena Deuser oft leiden. Wann immer es in einem Projekt eng wird und es nicht richtig läuft, verfällt Waggerl in die Rolle des Kontrollwütigen. Dann verliert er seine Souveränität und kontrolliert jedes Detail, wirklich jede Kleinigkeit, auch mehrmals. Er vertraut seiner Sekretärin nicht mehr, obwohl er weiß, dass sie sehr gewissenhaft und zuverlässig arbeitet. Eigentlich vertraut er niemandem mehr, seine gewohnheitsmäßige Selbstsicherheit wird zur Rigidität.
Wolfgang Waggerl ist hier von der Rolle des Machtvollen in die Rolle des Kontrollwütigen gefallen – nicht zuletzt weil er Sorge hatte, vielleicht zu achtsam und einfühlsam zu agieren. Als Kontrollwütiger nimmt er die linke untere Ecke seines Rollen-Trapezes ein und damit die Rolle, in der er neben der des Machtvollen am meisten agiert. Doch für ein Leben in der eigenen Balance-Zone sollte Wolfgang Waggerl dies vermeiden. Sonst verschwendet er viel Energie für ein Verhalten, das weder er noch jemand anderes mag und niemandem nutzt.
Der Fall von der Machtfülle ins Kontrollwütige ist typisch für Wirkungs-Typen, er resultiert aus deren Muster-Fallen, in die sie durch bloßes Reagieren statt bewussten Agierens geraten. Anders ausgedrückt: Dies passiert immer dann, wenn sie sich nicht in ihrer Balance-Zone bewegen, also auch in Richtung Achtsamkeit.
Weltsicht: Macht ist mir wichtig, um die Schwachen zu schützen.
Selbstbild: Ich bin stark.
Balance-Zone: zwischen machtvoll und achtsam.
Gefahren-Zone: zwischen kontrollwütig und gefühlsgefangen.
Stolperstein: Alles erzwingen oder beherrschen wollen.
Grundbedürfnis: Sich schützen und über sein Leben bestimmen.
Die beste Motivation für einen Wirkungs-Typ ist die Aussage, dass das Problem nicht zu lösen sei. Dann läuft er zur Höchstform auf – auch unter erschwerten Bedingungen, denn Wirkungs-Typen erproben sich gern in einer Umgebung ohne Sicherheitsnetz.
Wenn Wirkungs-Typen sich in Balance befinden, lernen sie vom Unterstützer, ihre Ziele im Einklang mit den Zielen derer zu stellen, für die sie verantwortlich sind. Sie respektieren die Sensibilität anderer. Sie können ihre Macht und ihr Charisma nutzen, um andere zu beschützen oder sich in deren Dienst zu stellen. Sie gehen auf die Bedürfnisse und Wünsche ihres Gegenübers ein und versuchen eine Übereinkunft zu erzielen, ohne kämpferisch und schroff aufzutreten.
Was sagen berühmte Persönlichkeiten zu den neun Mustern und deren Eigenarten?
Hier zehn Beispiele für das Muster Wirkung:
Ich habe nur einen wahren und wirklichen Feind auf Erden und das bin ich selbst.
Christian Morgenstern
Wer mir etwas sagen will, muss stärker sein als ich.
Walter Rathenau
Mit einer sehr lauten Stimme im Hals ist man fast außerstande, feine Sachen zu denken.
Friedrich Nietzsche
Das Recht des Stärkeren ist das stärkste Unrecht.
Marie von Ebner-Eschenbach
Man vergisst vielleicht, wo man die Friedenspfeife vergraben hat. Aber man vergisst niemals, wo das Beil liegt.
Mark Twain
Der hat Freiheit, der die richtige Wahl seiner Grenzen zu treffen versteht.
Martin Kessel
Lasset die Geister aufeinanderprallen, aber die Fäuste haltet stille.
Martin Luther
Das gebeugte Knie und die hingehaltenen leeren Hände sind die beiden Urgebärden des freien Menschen.
Alfred Delp
Kraft ohne Weisheit stürzt durch die eigene Wucht.
Horaz
Besonnenheit ist die seidene Schnur, die durch die Perlenkette aller Tugenden läuft.
Thomas Fuller
Indira Gandhi nutzte als Real- und Machtpolitikerin ihre Fähigkeiten als Mensch mit dem Muster Wirkung.
John Wayne lebte in den meisten seiner Rollen sein Muster Wirkung aus: jederzeit bereit, sich für andere und eine gute Sache einzusetzen – und zu schlagen.
Weitere Beispiele sind: Mike Tyson, Mao Tse-tung, Boris Jelzin, Charles de Gaulle, Saddam Hussein oder Frank Sinatra.
Wie man sich durchsetzen kann, kann man von diesen Figuren aus Filmen und TV-Serien lernen:
- Anthony „Tony“ Soprano in „Die Sopranos”, gespielt von James Gandolfini
- Andy Sipowicz in „NYPD Blue”, gespielt von Dennis Franz
- Simpson in „Die Simpsons”
- Samantha Jones in „Sex and the City”, gespielt von Kim Cattrall
- Michael Corleone in „Der Pate”, gespielt von Al Pacino
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