Muster & Rollen

Das Muster Skepsis und seine Rollen

„Der Schein der Dinge trügt, aber ich bin loyal.“
Für Menschen mit dem Muster Skepsis ist die Welt, ganz gleich, wo sie sich befinden, eher ein bedrohlicher Ort. Genauso sind sie der Ansicht, dass der Schein meist trügt und die Wahrheit uns allen verborgen ist. Sie sind eben Skeptiker.
In ihrem tiefsten Innern sind sie auf der Suche nach Sicherheit und Unterstützung. Deshalb brauchen sie zuverlässige Verbündete und sind selbst sehr loyal.
Dass sie auf der anderen Seite Autoritäten infrage stellen, macht es für ihre Mitmenschen oft nicht einfach.

Kurzporträt eines Muster-Beispiels

Florian Schultz, 42 Jahre, Teamleiter bei der NEMO AG

Florian Schultz ist ein beliebter Vorgesetzter, der sein Team umsichtig führt. Das Thema Sicherheit ist ein Grundpfeiler in seinem Leben. Vielleicht ist es deshalb auch kein Zufall, dass er Abteilungsleiter im Controlling ist. Er pflegt die Kontakte zu vielen Personen in seiner Organisation und gilt als loyal und zuverlässig.
Sein Vorgesetzter wiederum schätzt an ihm auch genau diese Eigenschaften besonders. Im letzten Mitarbeitergespräch war es ihm allerdings wichtig, einen Punkt anzusprechen: „Herr Schultz, Sie wissen, dass ich Sie und Ihre Arbeit überaus schätze. Allerdings sehe ich in einem Bereich Verbesserungsbedarf. Ihre analytischen Fähigkeiten nutzen Sie häufig zum Überprüfen und Anzweifeln verschiedener Positionen. Das ist sicher gut und wichtig, aber: Dieser Prozess dauert des Öfteren einfach zu lange. Wir brauchen schnellere Entscheidungen, die dann voll von Ihnen mitgetragen werden.“
Florian Schultz fiel es schwer, sich nicht gleich zu verteidigen und die Kritik ohne Widerspruch anzunehmen – so wie er es in seinem letzten Führungskräftetraining gelernt hatte. Eigentlich musste er im Nachhinein seinem Vorgesetzten recht geben.
Entschlossenes Handeln fällt ihm schwer, es sei denn, es gibt eine Situation, die wenig Aussicht auf Erfolg bietet. Dann entwickeln sich bei ihm Kräfte, die ihn zu Höchstleistungen bringen.
Doch sobald der Erfolg eintritt, hat er Mühe, dabeizubleiben und zielgerichtet daran zu arbeiten.

Hintergrund: die vier Rollen eines Musters

Jedes Muster kann nicht nur in einem „Modus“ agieren, sondern in vier Modi. Dabei liegen jeweils zwei Modi – oder wie wir es nennen: Rollen – im Rollen-Trapez in der Balance-Zone und in der Gefahren-Zone.
Meist bewegen wir uns in der Rolle links oben im Trapez. In dieser Lieblings-Rolle sind wir zu Hause, in ihr agieren wir, ohne nachdenken zu müssen, sie zu nutzen fordert von uns kaum Energie – fast als würden wir uns mit einem Autopiloten bewegen. Das gibt uns Sicherheit, und das ist sehr bequem.
Doch wenn wir uns nur auf diese Rolle beschränken, berauben wir uns allzu vieler Möglichkeiten. Denn das jeweilige Pendant in der Balance-Zone, die Rolle rechts oben im Trapez, bietet uns viele neue Möglichkeiten, auf andere Menschen und Situationen anders als in der Lieblings-Rolle zuzugehen. Sobald wir in dieser zweiten Rolle der Balance-Zone agieren, haben wir unseren Einflussbereich erweitert – ohne dass wir dies bei anderen einfordern müssten und dass sich an den äußeren Umständen etwas ändern müsste.
Doch diese Rolle einzuüben und einzunehmen, fordert von uns allen erst einmal Energie so wie jede Verhaltensänderung. Und sie bringt zu Beginn sicher erst einmal den einen oder anderen Rückschlag mit sich und damit auch Unsicherheit. All das kostet Kraft, die erst einmal aufgebracht werden muss. Doch es zahlt sich aus, hier an sich zu arbeiten. Als Lohn winkt nichts weniger als ein großes Plus an persönlicher Freiheit, nämlich der Freiheit, über mehr Optionen im Verhalten gegenüber Menschen und Situationen zu verfügen.
Wer darauf verzichtet, dem droht früher oder später nicht nur die Beschränkung auf die gewohnte Lieblings-Rolle, sondern auch die Gefahr, in eine der Rollen der Gefahren-Zone zu geraten.
Ein Herabfallen in die Gefahren-Zone droht immer dann, wenn wir in der Krise sind, etwa durch völlig neue Herausforderungen, das Zusammentreffen mit Menschen und Situationen, die einem bislang nicht vertraut waren, durch Überlastung, zu viel Druck, Orientierungslosigkeit oder was auch immer. Dann glauben wir, unsere ansonsten wirksamen Vorgehens- und Verhaltensweisen, nicht zuletzt unsere Muster-Fallen (siehe Coaching-Tipps), müssten doch eigentlich auch jetzt funktionieren. Tun sie dann aber oft nicht.

Die Balance-Zone

Die Balance-Zone der Skeptiker: nicht immer nur vorsichtig sein, sondern auch mal vertrauen

Am liebsten arbeitet Florian Schultz mit Robert Worringen zusammen. Schultz hält viel von Muster Skepsisseinem Abteilungsleiter. Dieser setzt sich kontinuierlich mit viel Kraft und Energie für die Kunden ein. Manchmal allerdings so vehement, dass Florian Schultz ihn in seinem Einsatz sogar bremsen muss. Das gelingt ihm allerdings in der Zusammenarbeit mit Robert Worringen meistens sehr gut, da er kritische Angelegenheiten feinfühlig und mit der nötigen Klarheit ansprechen kann.
Beide sind sich darüber einig, dass in ihrem Unternehmen eine Menge Dummköpfe sitzen und dass die Arbeitswelt ein Dschungel ist, vor dem man sich in Acht nehmen muss. Da kann man nicht vorsichtig genug sein. Worringen versteht sich mit seinem Mitarbeiter, der ihm gegenüber in der Rolle des Vorsichtigen agiert. Eine Rolle, die Florian Schultz am angenehmsten ist, seine Lieblings-Rolle.
Diese Rolle fällt Skeptikern in der Regel am leichtesten, weshalb sie sie auch meist einnehmen. Dadurch verlieren sie ihre zweite starke Seite leider allzu oft aus dem Blick: die Rolle des Vertrauenden, ihre Entwicklungs-Rolle. Muster Skepsis
Diese Rolle nimmt Florian Schultz meist in der Zusammenarbeit mit Dr. Gustav Gerbig ein. Er vertraut dem Controller einfach, da er ein ausgewiesener Experte in seinem Fach ist und dazu absolut verlässlich: Was die beiden einmal miteinander vereinbart haben, erledigt der Doktor nach den Vorgaben von Schultz in der vereinbarten Zeit und mit der nötigen Sorgfalt. Das entlastet Florian Schultz. In der Zusammenarbeit mit Dr. Gerbig hat er nie das Gefühl, sich um alles selbst kümmern und alles noch einmal überprüfen zu müssen. Er kann sich auf seinen Mitarbeiter verlassen – und tut dies auch.
Aber in dieser Rolle erlebt man Florian Schultz viel zu selten, was eigentlich auch er selbst so empfindet. Meist bewegt er sich lieber auf vertrautem Terrain, also in der Rolle des Vorsichtigen.

Die Gefahren-Zone

Die Gefahren-Zone der Skeptiker: aus falsch verstandenem Vertrauen leichtgläubig, aus übertriebener Vorsicht ängstlich agieren

Eigentlich würde Florian Schultz alle Aspekte seiner Arbeit gerne selbst überblicken und Muster Skepsisdurchdenken können, aber immer wenn es um IT-Fragen geht, stößt er schon bald an seine fachlichen Grenzen. In der Zusammenarbeit mit dem IT-Experten Clemens Sastrow hatte Schultz von Anfang an das Gefühl, dass die beiden auf einer Wellenlänge liegen und einander vertrauen können, weil sie beide eine sehr ähnliche Art zu arbeiten haben: Beiden geht es um das vorsichtige Herantasten an ein Problem und das genaue Durchdenken aller Eventualitäten. So vertraut Schultz seinem Mitarbeiter, wenn es um IT-Belange geht. Dabei verliert er aber aus den Augen, dass Sastrow zwar verlässlich arbeitet, aber mit „Scheuklappen“: Er bedenkt immer nur, was in seiner IT-Welt relevant ist. So kann es passieren, dass gemeinsame Projekte gefährdet werden, weil Schultz Empfehlungen von Sastrow, die am Ende nicht alle wichtigen Aspekte berücksichtigen, leichtfertig und leichtgläubig folgt. Er steckt in der Rolle des Leichtgläubigen.
Dann macht sich Florian Schultz Vorwürfe, dass er zu leichtgläubig gewesen ist, und verfällt dadurch in einem anderen Fall – statt sich zwischen Vorsicht und Vertrauen zu bewegen – in das andere negative Extrem seines Rollen-Trapezes: in die Rolle des Ängstlichen.Muster Skepsis
Inzwischen hat Florian Schultz mit seinem Team das Beschwerdemanagement auf eine neue Basis gestellt. Alle Abläufe und Kompetenzen sind geklärt, auch die IT dazu läuft. Nun gilt es, die Neuigkeiten im gesamten Unternehmen publik zu machen, damit jeder entsprechend den neuen Vorgaben und Techniken rund um das Beschwerdemanagement arbeiten kann.
Hierfür wurde Florian Schultz eine Beraterin an die Seite gestellt, die PR-Frau Petra Ehrlicher. Doch Schultz glaubt nicht, dass eine PR-Frau sich so einfach in die komplexen Abläufe und Fragen seines Bereichs einarbeiten kann. „Wahrscheinlich hat die doch außer wohlklingender Dampfplauderei, die an der Sache vorbeigeht, nichts zu bieten“, erklärt er einem Freund. So steigert er sich in ein übervorsichtiges, ja ängstliches Agieren hinein: Er kann sich für keine Kommunikationsmaßnahme entscheiden. Er gerät sogar in einen Streit mit Petra Ehrlicher über die Zielrichtung der internen Informationskampagne. Damit verzögert er nicht nur den Start der Kampagne, sondern auch den Start des neuen Beschwerdemanagements im Unternehmen.
Florian Schultz ist hier von der Rolle des Vorsichtigen in die Rolle des Ängstlichen gefallen – nicht zuletzt weil er Sorge hatte, vielleicht zu vertrauend zu agieren. Als Ängstlicher nimmt er die linke untere Ecke seines Rollen-Trapezes ein und damit die Rolle, in der er neben der des Vorsichtigen am meisten agiert. Doch für ein Leben in der eigenen Balance-Zone sollte Florian Schultz dies vermeiden. Sonst verschwendet er viel Energie für ein Verhalten, das weder er noch jemand anderes mag und niemandem nutzt.

Stenogramm

Weltsicht: Der Schein der Dinge trügt.
Selbstbild: Ich bin loyal.
Balance-Zone: zwischen vorsichtig und vertrauend.
Gefahren-Zone: zwischen ängstlich und leichtgläubig.
Stolperstein: Von etwas außerhalb des eigenen Selbst abhängig werden.
Grundbedürfnis: Sicherheit und Unterstützung erlangen.

Fokus: Umgang mit Veränderung

Davon lassen sich Skeptiker nie abbringen: Veränderungen haben immer zwei Seiten!

Vom Balance-Muster lernen

Wenn Skeptiker sich in Balance befinden, lernen sie vom Muster Gelassenheit, ihren Blickwinkel zu öffnen und darauf zu vertrauen, dass sie sich auch auf andere verlassen können. Sie bekommen ein Vertrauen in das Leben, was sie ruhiger und souveräner werden lässt. Sie beurteilen die Welt nicht nur nach Feinden und Verbündeten, sondern sehen das Gesamtbild und vertrauen auf den Lauf der Ereignisse.

Zitate

Was sagen berühmte Persönlichkeiten zu den neun Mustern und deren Eigenarten?
Hier zehn Beispiele für das Muster Skepsis:
Du bist der Wald der Widersprüche.
Rainer Maria Rilke

Obwohl sie nicht hundert Jahre alt werden, bereiten sich die Menschen Sorge für tausend Jahre.
Chinesisches Sprichwort

Der Pessimist ist ein Mensch, dem es schlechtgeht, wenn es ihm gut geht – aus Furcht, dass es ihm schlechter gehen könnte, wenn es ihm besser ginge.
Edwin Arlington Robinson

Es gibt auch seelisch Farbenblinde, denen just für Hoffnungsgrün und Freudenrot das Auge fehlt.
Franz von Schönthan

Niemals fürchtete ich jene, die anderer Meinung waren. Nur vor denen hatte ich ein Grauen, die zu feige waren, ihre andere Meinung auszusprechen.
Pablo Picasso

Ein Mann bedachte alles dreimal, ehe er sich zu handeln entschloss.
Als der Meister davon erfuhr, sprach er: Zweimal genügt.
Konfuzius

Wer sich selbst treu bleiben will, kann nicht immer anderen treu bleiben.
Christian Morgenstern

Gib deinem Glauben Nahrung, damit der Zweifel verhungert.
Corrie ten Boom

Tief im Meer liegen unermessliche Schätze verborgen. Sicherheit findest du am Ufer.
Scheich Saadi von Schiras

Der Grund, weshalb Engel fliegen können: Sie nehmen sich selbst so leicht.
Gilbert K. Chesterton

Prominente

Marilyn Monroe hatte zwar großen Erfolg, ihr Leben war jedoch hauptsächlich von Sorge und Unsicherheit und Zweifeln geprägt. Sie war eine Skeptikerin.
Woody Allen steht als Persönlichkeit wie als Darsteller vieler seiner Figuren für den Skeptiker, der alles anzweifelt, sich jederzeit über alles Sorgen macht und ein feines Gespür für Widersprüche hat.
Weitere Beispiele sind: Richard Nixon, Paul Newman, Diane Keaton, Elton John, Sigmund Freud, George Bush oder Sherlock Holmes.

Beispiele aus TV & Film

Mit einem Sinn für Skepsis kann man selbst komplizierte Menschen aus Filmen und TV-Serien verstehen lernen: 

  • Clarice Starling in „Das Schweigen der Lämmer”, gespielt von Jodie Foster
  • Captain Benjamin L. Willard in „Apocalypse Now”, gespielt von Martin Sheene
  • Jake Gittes in „Chinatown”, gespielt von Jack Nicholson
  • Jerry Seinfeld in „Seinfeld”, gespielt von Jerry Seinfeld
  • Isaac Davis  in „Manhattan”, gespielt von Woody Allen

 

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