Muster & Rollen
Das Muster Gelassenheit und seine Rollen
„Ich bin friedlich und zufrieden und bleibe gelassen.“
Manchmal erinnern Menschen im Muster Gelassenheit an Buddha-Figuren: Seelenruhig lassen sie das Leben an sich vorbeiziehen. Sie sind friedlich und zufrieden, und es ist ihnen wichtig, gelassen zu bleiben.
Gelassene begleitet zudem oft die Frage: „Warum sollte man sich auch engagieren, die Welt wird die eigenen Bemühungen ohnehin nicht zu schätzen wissen?“
So neigen Gelassene dazu, die Ruhe zu bewahren. Das hilft ihnen, die innere Stabilität und den Seelenfrieden zu bewahren. Auf der anderen Seite verfügen sie so über außergewöhnliche Fähigkeiten, wenn es darum geht, anderen zuzuhören und ganz unterschiedliche Standpunkte unter einen Hut zu bringen.
Sofern daraus nicht eine gewisse Handlungs- und Entscheidungsschwäche resultieren würde …
Maria Grabenschwedt, 53 Jahre, Vorstandsvorsitzende der NEMO AG
Wenn Maria Grabenschwedt die Bilder auf ihrem Schreibtisch betrachtet, empfindet sie ein tiefes Gefühl von Zufriedenheit. Sie blickt auf die Fotos ihrer Lieben und ist dabei stolz auf das, was sie privat und beruflich erreicht hat. Sie ist die Vorstandsvorsitzende der NEMO AG und übt dieses Funktion schon einige Jahre aus.
Eigentlich hatte sie keine große Karriere angestrebt. Aber als sie von dem damaligen Aufsichtsratschef gefragt wurde, ob sie die Stelle als Vorstandsvorsitzende annehmen wolle, hat sie nach längerer Abwägungsphase zugesagt. Sie führt ihre Aufgabe mit Freude, wobei sie die Führungsaspekte, die das Mitteilen von unangenehmen Nachrichten, Kontrolle oder das Treffen von wichtigen Entscheidungen auch noch nach all den Jahren in Führungsverantwortung als mühsam und anstrengend empfindet.
Sie lässt ihren Mitarbeitern große Spielräume und sorgt dafür, dass sich alle wohlfühlen. Ihr ist es wichtig, dass alle gut miteinander auskommen. Festgelegte Dienstwege und systematisches Vorgehen sind ihr wichtig. Globale Ziele sind ihr wichtiger als spezifische, da genauere Einzelheiten manchmal im Widerspruch stehen können. Sie möchte möglichst ein umfassendes Bild und sammelt lange Informationen, bevor sie zu einer Entscheidung kommt.
Jedes Muster kann nicht nur in einem „Modus“ agieren, sondern in vier Modi. Dabei liegen jeweils zwei Modi – oder wie wir es nennen: Rollen – im Rollen-Trapez in der Balance-Zone und in der Gefahren-Zone.
Meist bewegen wir uns in der Rolle links oben im Trapez. In dieser Lieblings-Rolle sind wir zu Hause, in ihr agieren wir, ohne nachdenken zu müssen, sie zu nutzen fordert von uns kaum Energie – fast als würden wir uns mit einem Autopiloten bewegen. Das gibt uns Sicherheit, und das ist sehr bequem.
Doch wenn wir uns nur auf diese Rolle beschränken, berauben wir uns allzu vieler Möglichkeiten. Denn das jeweilige Pendant in der Balance-Zone, die Rolle rechts oben im Trapez, bietet uns viele neue Möglichkeiten, auf andere Menschen und Situationen anders als in der Lieblings-Rolle zuzugehen. Sobald wir in dieser zweiten Rolle der Balance-Zone agieren, haben wir unseren Einflussbereich erweitert – ohne dass wir dies bei anderen einfordern müssten und dass sich an den äußeren Umständen etwas ändern müsste.
Doch diese Rolle einzuüben und einzunehmen, fordert von uns allen erst einmal Energie so wie jede Verhaltensänderung. Und sie bringt zu Beginn sicher erst einmal den einen oder anderen Rückschlag mit sich und damit auch Unsicherheit. All das kostet Kraft, die erst einmal aufgebracht werden muss. Doch es zahlt sich aus, hier an sich zu arbeiten. Als Lohn winkt nichts weniger als ein großes Plus an persönlicher Freiheit, nämlich der Freiheit, über mehr Optionen im Verhalten gegenüber Menschen und Situationen zu verfügen.
Wer darauf verzichtet, dem droht früher oder später nicht nur die Beschränkung auf die gewohnte Lieblings-Rolle, sondern auch die Gefahr, in eine der Rollen der Gefahren-Zone zu geraten.
Ein Herabfallen in die Gefahren-Zone droht immer dann, wenn wir in der Krise sind, etwa durch völlig neue Herausforderungen, das Zusammentreffen mit Menschen und Situationen, die einem bislang nicht vertraut waren, durch Überlastung, zu viel Druck, Orientierungslosigkeit oder was auch immer. Dann glauben wir, unsere ansonsten wirksamen Vorgehens- und Verhaltensweisen, nicht zuletzt unsere Muster-Fallen (siehe Coaching-Tipps), müssten doch eigentlich auch jetzt funktionieren. Tun sie dann aber oft nicht.
Die Balance-Zone der Gelassenen: nicht immer nur ruhen, sondern auch mal aktiv sein
Maria Grabenschwedt hat eine Karriere gemacht und hat es doch eigentlich nie gewollt. Gerade dies neiden ihr einige: Wem fällt schon solch der Vorstandsposten gleichsam in den Schoß?
Diese Neider vergessen dabei aber, dass es vielleicht das ausgleichende Wesen der Vorstandsvorsitzenden ist, das sie dazu gemacht hat. Denn in ihrem Betätigungsfeld gibt es schon genug Selbstdarsteller, Wichtigtuer und Menschen, die sich gerne ins Rampenlicht drängen.
Dagegen ist die gelassene Maria Grabenschwedt ein Fels in den Brandungen und Aufgeregtheiten der NEMO AG. Dass sie eine von allen akzeptierte Fachfrau ist, steht ohnehin außer Frage. Ihr Aufsichtsratsvorsitzender Victor Wartburg kann sich absolut auf sie verlassen. Genauso wie er weiß, dass Maria Grabenschwedt eine geborene Diplomatin ist, die noch so unversöhnliche Gräben überwinden und zwischen noch so zerstrittenen Partnern, Bereichen, Betriebsrat und Mitarbeitern vermitteln kann. Sie hat die Gabe, jeder Seite Anerkennung und Gehör zu verschaffen.
Dabei unterstützt sie ihre Büroleiterin Inge Alsmann. Sie hat im Lauf der Jahre ein großes Talent darin entwickelt, aus den globalen Zielen ihrer Chefin genaue Anweisungen und Detailhinweise für alle Mitarbeiter abzuleiten.
Im Team mit Inge Alsmann kann Maria Grabenschwedt ihre Lieblings-Rolle einnehmen: die Ruhende mit ihrem ausgeprägten Sinn für Harmonie und Ausgeglichenheit.
Diese Rolle fällt Gelassenheits-Typen in der Regel am leichtesten, weshalb sie sie auch meist einnehmen. Dadurch verlieren sie ihre zweite starke Seite leider allzu oft aus dem Blick: die der Aktiven, ihre Entwicklungs-Rolle.
Denn die Vorstandsvorsitzende kann sehr wohl sehr betriebsam sein und die Rolle der Aktiven ausüben. Das kann sie besonders dann gut, wenn sie mit Lukas Eger zusammenarbeitet. Er wird als Nachfolger gehandelt, wenn Grabenschwedt in drei Jahren in den Ruhestand wechseln will. Sie schätzt seine Loyalität und bewundert sein hohes Arbeitstempo, von dem sie sich – in Maßen – gerne mitreißen lässt. Er hingegen schätzt ihre Erfahrung und ihre Wertschätzung.
Doch in diese aktive Rolle wechselt Maria Grabenschwedt viel zu selten. Ihr „Modus“ ist der der Ruhenden. Das ist gewissermaßen ihr Markenzeichen.
Die Gefahren-Zone der Gelassenen: aus falsch verstandener Aktivität aktionistisch agieren, aus übertriebener Ruhe verharren
Eine Rolle, die Maria Grabenschwedt überhaupt nicht an sich mag, ist die der Aktionistin.
In diese verfällt sie zum Beispiel, als ihr Abteilungsleiter Michael Angermann ihr berichtet, dass sich aufgrund von kleingeistigen Querelen ein für das Unternehmen wichtiges Projekt zu verzögern droht. Es liegt ihr sehr am Herzen, auch wenn man eingestehen muss, dass dieses Projekt ein echter „Nebenkriegsschauplatz“ ist, der mit ihrer eigentlichen Arbeit und Verantwortung rein gar nichts zu tun hat. Als Grabenschwedt von den Problemen hört, bricht ihre – sonst ruhende – Wut über das ständige Hingehaltenwerden heraus und sie verfällt – für alle überraschend – in fast schon blinden Aktionismus. Sie weist einen Teamleiter an, dies zu recherchieren, einen anderen, einen Kontakt zu einem Unternehmensberater herzustellen, und, und, und. Dabei verliert sie nicht nur ihre Geduld, sondern auch den Überblick und ihre Fähigkeit, gelassen zu agieren.
Das macht sie sich nun selbst zum Vorwurf und verfällt dadurch in einem anderen Fall – statt sich zwischen Ruhe und Aktion zu bewegen – in das andere negative Extrem ihres Rollen-Trapezes: in die Rolle der Verharrenden.
In diese Falle tappt sie bei einer Besprechung in ihrem Zimmer. Anwesend sind ihre Abteilungsleiter sowie einige Teamleiter. Auf der Tagesordnung steht ein extrem brisantes Thema: die Kooperation mit einem chinesischen Konzern.
Für dieses Thema ist die Abteilungsleiterin Antje Siebenich-Kemperer zuständig. Mit deren extremer Skepsis und ihrem Hang zu Schreckensszenarien („Und was machen wir, wenn sich die EU einschaltet? Das wäre doch eine riesige Blamage!“) lässt sich Maria Grabenschwedt immer wieder infizieren. Auch wenn sie alles andere will. Die Folge davon: Sie fühlt sich zwischen den verschiedenen Standpunkten hin- und hergerissen. Außerdem plagen sie Selbstzweifel und schließlich wird sie noch passiver und untätiger als sonst: Sie wird zur Verharrenden und tut rein gar nichts mehr.
Maria Grabenschwedt, sonst absoluter Profi mit Gespür für Chancen und Situationen, ist hier von der Rolle der Ruhenden in die Rolle der Verharrenden gefallen – nicht zuletzt weil sie Sorge hatte, vielleicht überaktiv zu agieren. Als Verharrende nimmt sie die linke untere Ecke ihres Rollen-Trapezes ein und damit die Rolle, in der sie neben der der Ruhenden am meisten agiert. Doch für ein Leben in der eigenen Balance-Zone sollte die Staatssekretärin dies vermeiden. Sonst verschwendet sie viel Energie für ein Verhalten, das weder sie noch jemand anderes mag und niemandem nutzt.
Weltsicht: Die Welt wird meine Bemühungen nicht zu schätzen wissen.
Selbstbild: Ich bin friedlich und zufrieden.
Balance-Zone: zwischen ruhend und aktiv.
Gefahren-Zone: zwischen verharrend und aktionistisch.
Stolperstein: Den eigenen Erfahrungen gegenüber gleichgültig sein.
Grundbedürfnis: Die innere Stabilität und den Seelenfrieden bewahren.
Das Change-Motto des Gelassenen: Veränderungen ja, aber moderat.
Wenn Gelassenheits-Typen sich in Balance befinden, lernen sie vom Erfolgs-Typ das zu tun, was getan werden muss. Dadurch wird eine enorme Energie freigesetzt, bei der Flexibilität, Effizienzdenken und Vorwärtskommen im Vordergrund stehen. Entschlossenes Handeln wird möglich, weil sie herausgefunden haben, was wirklich wichtig ist. Auch das Setzen von Prioritäten erfolgt so für Gelassene mühelos.
Was sagen berühmte Persönlichkeiten zu den neun Mustern und deren Eigenarten?
Hier zehn Beispiele für das Muster Gelassenheit:
Besser als tausend Stoßseufzer ist eine Tat.
Chassidische Weisheit
Alles hat zwei Seiten, damit man die wählen kann, die uns nicht in unserer Ruhe stört.
Fürst von Ligne
Wer die ganze Nacht schläft, hat am Tage Anspruch auf ein wenig Ruhe.
Aus Kuba
Der Charakter ist eine Gewohnheit der Seele.
Johann Wolfgang von Goethe
Die stillstehende Uhr, die zweimal täglich die richtige Zeit angezeigt hat, blickt nach Jahren auf eine lange Reihe von Erfolgen zurück.
Marie von Ebner-Eschenbach
Wir sind nicht nur verantwortlich für das, was wir tun, sondern auch für das, was wir nicht tun.
Jean Baptiste Molière
Die Gleichgültigkeit ist wie das Eis an den Polen: sie tötet alles.
Honoré Balzac
Nur in der Bewegung, so schmerzlich sie sei, ist Leben.
Carl Jakob Burckhardt
Wenn ein paar Menschen recht miteinander zufrieden sind, kann man meistens versichert sein, dass sie sich irren.
Johann Wolfgang von Goethe
Fälle Holz, trage Wasser.
Zen-Weisheit
Auch wenn der eine oder andere es nicht glauben mag: der Dalai Lama und Königin Elisabeth II. sind wesensverwandt. Genauer: sie entsprechen dem Muster Gelassenheit. Der Dalai Lama zeichnet sich durch große Gelassenheit aus und auch Königin Elisabeth trägt zum Beispiel die Probleme in ihrer Familie mit scheinbarer stoischer Ruhe. Beide haben ein großes diplomatisches Geschick.
Weitere Beispiele sind: Ronald Reagan, Abraham Lincoln, Walt Disney, Audrey Hepburn und Sophia Loren.
Hier fünf Beispiele aus Filmen und TV-Serien für das Muster Gelassenheit. Das Leben ist kompliziert genug, da heißt es, wann immer möglich, Ruhe zu bewahren, etwa wie:
- Richard (Rick) Blaine in „Casablanca”, gespielt von Humphrey Bogart
- Karen Blixen in „Jenseits von Afrika ”, gespielt von Meryl Streep
- Dr. Jurij Schiwago in „Doktor Schiwago“, gespielt von Omar Sharif
- Meredith Grey in „Grey’s Anatomy”, gespielt von Ellen Pompeo
- Carrie Bradshaw in „Sex and the City”, gespielt von Sarah Jessica Parker
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