Muster & Rollen
Das Muster Unterstützung und seine Rollen
„Ich werde gebraucht.“
Das Weltbild von Menschen mit dem Muster Unterstützung lässt sich etwa so zusammenfassen: „Die anderen sind auf meine Hilfe angewiesen.“
Dieses Bild speist sich aus dem Wunsch der Unterstützungs-Typen, geliebt zu werden. Wer aber denkt, Unterstützer seien im Grunde Menschen mit Helfersyndrom, der greift zu kurz. Sicher, sie wollen helfen und unterstützen, aber im Gegenzug wollen sie sehr wohl auch Einfluss haben – auch wenn sie den am liebsten im Hintergrund und in informellen Zirkeln ausüben.
Thorsten Uhlich, 35 Jahre, Projektleiter im Kunden-Support der NEMO AG
„Genau, wir müssen da unbedingt etwas machen“, pflichtet Thorsten Uhlich seinem Gegenüber bei, mit dem er via Videokonferenz verbunden ist. Uhlich, Projektleiter im Kunden-Support, sitzt in der Zentrale in Frankfurt am Main.
Weit über die Hälfte des Jahres ist Uhlich aber unterwegs in der ganzen Welt, vor allem in Indien, um den nach dort ausgelagerten Support vor Ort zu leiten und einzuspringen, wenn Not am Mann ist.
Für Thorsten Uhlich ist es wichtig, gut vernetzt zu sein, um seine Arbeit in verschiedenen Standorten der NEMO AG im Griff zu haben. So pflegt er Kontakte zu vielen Kollegen, zu Mitarbeitern und auch zu Partnern und Kunden. Er hat ein Gespür für Menschen, die etwas bewegen können und die Einfluss haben.
Er gilt als großzügig und warmherzig. Bei Schwierigkeiten kümmert er sich liebevoll um seine Mitarbeiter. Für Probleme, auch für die im privaten Bereich, hat er stets ein offenes Ohr. An sich selbst stört es ihn manchmal, dass er sich dabei selbst psychisch und gesundheitlich überfordert. Es fällt ihm schwer, Grenzen zu setzen.
Bei seinen Vorgesetzten und Mitarbeitern gilt Thorsten Uhlich als kompetenter Projektleiter.
Als manchmal schwierig erlebt seine Führungskraft die Tatsache, dass er kritisch reagiert, wenn er nicht das Gefühl hat, wichtig und unentbehrlich zu sein. In einem solchen Fall kann Thorsten Uhlich auch launisch sein und indirekt agieren.
Jedes Muster kann nicht nur in einem „Modus“ agieren, sondern in vier Modi. Dabei liegen jeweils zwei Modi – oder wie wir es nennen: Rollen – im Rollen-Trapez in der Balance-Zone und in der Gefahren-Zone.
Meist bewegen wir uns in der Rolle links oben im Trapez. In dieser Lieblings-Rolle sind wir zu Hause, in ihr agieren wir, ohne nachdenken zu müssen, sie zu nutzen fordert von uns kaum Energie – fast als würden wir uns mit einem Autopiloten bewegen. Das gibt uns Sicherheit, und das ist sehr bequem.
Doch wenn wir uns nur auf diese Rolle beschränken, berauben wir uns allzu vieler Möglichkeiten. Denn das jeweilige Pendant in der Balance-Zone, die Rolle rechts oben im Trapez, bietet uns viele neue Möglichkeiten, auf andere Menschen und Situationen anders als in der Lieblings-Rolle zuzugehen. Sobald wir in dieser zweiten Rolle der Balance-Zone agieren, haben wir unseren Einflussbereich erweitert – ohne dass wir dies bei anderen einfordern müssten und dass sich an den äußeren Umständen etwas ändern müsste.
Doch diese Rolle einzuüben und einzunehmen, fordert von uns allen erst einmal Energie so wie jede Verhaltensänderung. Und sie bringt zu Beginn sicher erst einmal den einen oder anderen Rückschlag mit sich und damit auch Unsicherheit. All das kostet Kraft, die erst einmal aufgebracht werden muss. Doch es zahlt sich aus, hier an sich zu arbeiten. Als Lohn winkt nichts weniger als ein großes Plus an persönlicher Freiheit, nämlich der Freiheit, über mehr Optionen im Verhalten gegenüber Menschen und Situationen zu verfügen.
Wer darauf verzichtet, dem droht früher oder später nicht nur die Beschränkung auf die gewohnte Lieblings-Rolle, sondern auch die Gefahr, in eine der Rollen der Gefahren-Zone zu geraten.
Ein Herabfallen in die Gefahren-Zone droht immer dann, wenn wir in der Krise sind, etwa durch völlig neue Herausforderungen, das Zusammentreffen mit Menschen und Situationen, die einem bislang nicht vertraut waren, durch Überlastung, zu viel Druck, Orientierungslosigkeit oder was auch immer. Dann glauben wir, unsere ansonsten wirksamen Vorgehens- und Verhaltensweisen, nicht zuletzt unsere Muster-Fallen (siehe Coaching-Tipps), müssten doch eigentlich auch jetzt funktionieren. Tun sie dann aber oft nicht.
Die Balance-Zone der Unterstützer: nicht immer nur wohltätig, sondern auch mal selbstbezogen sein
„Was sollten wir als Nächstes tun?“, will Paula Ortleb von Thorsten Uhlich wissen, den sie als engagierten und kompetenten Menschen schätzt und auf dessen Rat sie hört. „Ich denke, das Wichtigste ist, erst einmal dafür zu sorgen, dass die Kollgen vor Ort mit allen Aspekten unseren neuen E-Commerce-Ansatzes vertraut sind.“ Ortleb stimmt dem Projektleiter zu und verspricht, sofort seine Kontakte in Bewegung zu setzen.
Mit ihr zusammen kann Thorsten Uhlich sein, wie er am liebsten ist: der Wohltäter, der sich mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln für eine gute Sache und für andere einsetzt. Das ist seine Lieblings-Rolle.
Diese Rolle fällt Unterstützern in der Regel am leichtesten, weshalb sie sie auch meist einnehmen. Dadurch verlieren sie ihre zweite starke Seite leider allzu oft aus dem Blick: die des Selbstbezogenen, also der Person, die weiß, dass sie auch mal an sich denken darf und muss – nicht zuletzt um Kraft für ihre Rolle als Wohltäter zu schöpfen.
In dieser Rolle blüht Thorsten Uhlich gerade auf, als er mit Gerd Ilmenau, dem Leiter der Espressobar, plaudert. Er fragt ihn nicht nur nach seinem Engagement in all seinen Projekten und seiner langjährigen Erfahrung, sondern auch nach seinen persönlichen Beweggründen, seinen Interessen und nach der Person hinter dem Profi-Helfer Uhlich.
Als er dabei seine Antworten bedenkt, wird ihm klar, dass er in letzter Zeit viel zu wenig an sich selbst gedacht hat. Mal wieder. Er muss sich eingestehen, dass er einfach mehr an sich selbst denken muss. Er beschließt, mit seiner Partnerin ein Wellness-Wochenende zu buchen.
In der Rolle des Selbstbezogenen, seiner Entwicklungs-Rolle, in der er ein gesundes Verhältnis zu seinen eigenen Ressourcen und Wünschen hat, erleben andere Thorsten Uhlich viel zu selten, was eigentlich auch er selbst so empfindet. Meist bewegt er sich lieber auf vertrautem Terrain, also in der Rolle des Wohltäters.
Die Gefahren-Zone der Unterstützer: aus falsch verstandener Selbstbezogenheit egozentrisch, aus übertriebener Wohltätigkeit selbstvergessen agieren
Thorsten Uhlich fällt immer dann in die Rolle des Egozentrikers, wenn er mit seiner Kollegin Petra Ehrlicher zusammenarbeitet, der Leiterin der PR-Abteilung. Uhlich hat Ehrlicher unterstützt, als diese neu in der Firma war. Er hat ihr Türen geöffnet, Kontakte vermittelt und viel von dem gezeigt, was es braucht, um effizient und erfolgreich zu sein. Dafür ist Ehrlicher auch dankbar, aber sie ist inzwischen flügge geworden und will ihren eigenen Arbeitsstil entwickeln. Damit kommt Uhlich nicht klar – auch wenn er das sich und anderen gegenüber nur sehr schwer eingestehen kann. Er möchte Ehrlicher weiter unter seinen Fittichen behalten, sie fördern – und Einfluss auf sie haben. Wann immer Ehrlicher jetzt eigene Ideen einbringt, blockt Uhlich diese ab, da er möchte, dass alles so läuft, wie er es sich vorstellt.
Das ist Uhlich – zum Teil – auch bewusst, weshalb er sich die Vorwürfe macht, zu egozentrisch zu sein. Er verfällt dadurch in einem anderen Fall – statt sich zwischen Wohltätigkeit und Selbstbezogenheit zu bewegen – in das andere negative Extrem seines Rollen-Trapezes: in die Rolle des Selbstvergessenen.
Das bekommt Wolfgang Waggerl zu spüren. Er ist Senior IT-Consultant. Uhlich und er sind verwandt. Das spornt Uhlich noch mehr an, sich mehr für ihn einzusetzen als nötig und erlaubt. Einerseits gefällt Waggerl dies, andererseits fühlt er sich aber auch eingeengt, fast schon ein bisschen bevormundet. Er ist hin- und hergerissen. Als er einen groben Fehler gemacht hat, boxt Uhlich ihn raus, indem er sogar Papiere manipuliert. Niemandem entsteht dadurch ein Schaden – außer wohl ihm selbst, da er in diesem Fall jedes Maß einer sinnvollen und angemessenen Unterstützung hat vermissen lassen. Außerdem kostet ihm das Agieren in der Rolle des Selbstvergessenen unglaublich viel Kraft.
Thorsten Uhlich ist hier von der Rolle des Wohltäters in die Rolle des Selbstvergessenen gefallen – nicht zuletzt weil er Sorge hatte, vielleicht zu selbstbezogen zu agieren. Als Selbstvergessener nimmt er die linke untere Ecke seines Rollen-Trapezes ein und damit die Rolle, in der er neben der des Wohltäters am meisten agiert. Doch für ein Leben in der eigenen Balance-Zone sollte Uhlich dies vermeiden. Sonst verschwendet er viel Energie für ein Verhalten, das weder er noch jemand anderes mag und kaum jemandem wirklich nutzt.
Weltsicht: Die anderen sind auf meine Hilfe angewiesen.
Selbstbild: Ich werde gebraucht.
Balance-Zone: zwischen wohltätig und selbstbezogen.
Gefahren-Zone: zwischen selbstvergessen und egozentrisch.
Stolperstein: Die eigenen Wertvorstellungen werden auf die Wertvorstellungen anderer Menschen angepasst.
Grundbedürfnis: Das Gefühl zu haben, geliebt zu werden.
Ihre Leitlinie bei Change-Prozessen: Veränderungen müssen dem Menschen dienen.
Wenn Unterstützer sich in Balance befinden, haben sie Zugang zu ihrer Individualität und Unabhängigkeit – so wie Individualisten. Sie können sich vertrauensvoll auf ihre eigenen Gefühle und Standpunkte verlassen. Manchmal entdecken sie dabei auch ihre künstlerische und kreative Seite. Sie schauen nach innen statt nach anderen und gehen ihren Bedürfnissen und Gefühlen nach. So gelingt es ihnen, tiefe Überzeugungen zu entwickeln, die unabhängig von der Meinung anderer sind.
Was sagen berühmte Persönlichkeiten zu den neun Mustern und deren Eigenarten?
Hier zehn Beispiele für das Muster Unterstützung:
Fahrt mich irgendwo hin – ich werde überall gebraucht.
Spontispruch
Die Quelle der Enttäuschung ist der Hochmut.
Chassidische Weisheit
Ein Raum, der sich leicht erwärmen lässt, wird auch leicht kalt.
Aus Korea
Allein sein müssen ist das Schwerste, allein sein können das Schönste.
Hans Krailsheimer
Durch Liebe und nicht durch Geliebtwerden kommt eine Seele der anderen am nächsten.
George MacDonald
Tu Gutes und wirf es ins Wasser!
Aus Indien
Güte, die auf Gegenwert rechnet, ist keine Güte.
Aus China
Die Losung des Lebens ist: Gib und nimm. Jeder Mensch soll ein Spender und Empfänger sein. Wer nicht beides in einem ist, der ist ein unfruchtbarer Baum.
Chassidische Weisheit
Man liebt den anderen nicht, wenn man sich nichts von ihm schenken lassen will.
Aus Nigeria
Demut ist der Mut, den eigenen Schatten anzuschauen.
Carl Gustav Jung
Mutter Teresa entsprach, wie einige schon geahnt haben, dem Muster Unterstützung. Sie ist Jahre nach ihrem Tod Vorbild für viele „Unterstützer“ in aller Welt.
Albert Schweitzer steht wie kaum jemand sonst für den Unterstützer. Ihm ging es neben seinem konkreten Wirken als Arzt um „Güte in Bescheidenheit“, außerdem engagierte er sich gegen atomare Rüstung und Krieg.
Weitere Beispiele sind: Lewis Carroll, Luciano Pavarotti und Sammy Davis jr.
Das sind Beispiele aus Filmen und TV-Serien für „Unterstützer“ in Aktion:
- Steve Brady in „Sex and The City”, gespielt von David Eigenberg
- Ray Barone in „Alle lieben Raymond“, gespielt von Ray Romano
- Loretta Castorini in „Mondsüchtig”, gespielt von Cher
- Dorothy Boyd in „Jerry Maguire – Spiel des Lebens”, gespielt von Rene Zellweger
- Marge in „Die Simpsons“
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